2006
April
März
Februar
Januar

2005
Dezember
November

 

| tagebuch | berichte | fotos | gästebuch | links | home |  

November 2005

Mittwoch, der 16.11.2005
Lange Zeit war es schon im Gespräch, dass ich für meine Firma für ein Weilchen nach Shanghai gehen soll. Der Zeitpunkt, wann es losgehen soll, war aber bislang noch offen. Jetzt wird es konkret. Mein Chef hat mir eröffnet, dass kurzfristig Verstärkung gebraucht wird. Nach kurzen Verhandlungen einigen wir uns darauf, dass ich noch eine Woche brauche, um meine Zelte in Gifhorn abzubrechen.
Die verbleibende Woche stehe ich nur unter Strom. Es gilt alles zu regeln, die Wohnung aufzulösen und natürlich mich von allen Leuten zu verabschieden. Letzteres schaffe ich in der kurzen Zeit leider nicht in dem erhofften Ausmaß...

Donnerstag, der 24.11.2005
Heute ist es soweit. Es geht los nach China. Die letzte Nacht in Deutschland habe ich bei meinen Eltern verbracht, die mich mit meiner Schwester zusammen zum Flughafen bringen. Den Morgen hüpfe ich wie ein Erdmännchen auf LSD durch die Gegend, aber glücklicherweise habe ich ja genug Ärzte in meinem Umfeld, die das ganze als harmlos abtun.
Um 12:05 startet mein Flieger von Hannover in Richtung Kopenhagen. Dort wird mir wohl zum ersten Mal bewusst, was ich da alles hinter mir lasse. Und dass ich keine Ahnung habe, was mich erwartet! Aber nun muss ich da durch. Das ungemütliche Herbstwetter in Kopenhagen trägt allerdings nicht gerade erhellend zur Stimmung bei.
Der Flug an sich verläuft eher unspektakulär. Neben mir sitzt ein Schwede, der die meiste Zeit schläft, so daß ich in Ruhe schlechte Filme schauen, oder aber in meinem Shanghaikrimi lesen kann.

Freitag, der 25.11.2005
Aus dem Flieger kann ich einen ersten Eindruck von China gewinnen. Alles scheint am Reißbrett entworfen zu sein, da gerade Linien bzw. rechteckige Flächen vorherrschen. Außerdem sieht es einheitlich grau-braun aus, aber das könnte auch an der Jahreszeit liegen. Amerika im Januar sah genauso aus.
Die Einreise funktioniert problemlos. Zum Glück holt Thomas (ein Kollege aus meiner Abteilung, der schon drei Monate hier ist) mich ab, denn sonst hätte ich ein echtes Problem mit dem Taxifahrer. Ich muss nämlich recht schnell feststellen, dass die Sprachbarriere sehr viel größer ist als angenommen. Nur sehr wenige Taxifahrer können Englisch. Aus diesem Grund habe ich in der Firma extra einen Zettel mit Adressen in chinesischen Schriftzeichen bekommen, dort stehen aber nur die dienstlichen Adressen drauf und da es schon nach eins ist, muss ich nicht als erstes in Büro stürzen. Die Fahrt ist recht rasant. Einzelheiten zum Autofahren in China unter Specials.
Das Wetter ist angenehm. Die Sonne scheint, wenn es nicht so diesig wäre könnte man von strahlend blauem Himmel reden (meistens hängt über Shanghai so eine Dunstglocke, die Sicht ist selten wirklich gut) und die Temperaturen sind recht mild, so dass man nicht unbedingt eine Jacke bräuchte.
Am Anfang wohne ich erst einmal bei Thomas, bis ich mein eigenes Appartement bekomme. Ich hätte auch ins Hotel gehen können, aber Thomas hat ein recht großes Appartement, so dass sich diese Lösung für die Übergangszeit anbietet. Kaum in der Wohnung angekommen ziehe ich mit Thomas los. Zuerst um Wasser zu kaufen. Die Verständigung mit Händen und Füßen läuft schleppend, aber um vier sollen wir zwecks Anlieferung wieder in der Wohnung sein. Also haben wir noch Zeit zur Post zu gehen, wo Thomas ein Paket abholen will. Dort wird man quer durch das Gebäude geschickt, in einen Raum, wo ziemlich viele Chinesen an den Tischen sitzen. Einige falten Zeitungen, andere haben den Kopf auf den Tisch gelegt und schlafen, einer liegt sogar auf dem Tisch mit einem Stapel Zeitungen unter dem Kopf. Aber dass ein kleiner Büroschlaf in China ganz normal ist, lerne ich ziemlich schnell.
Zurück in der Wohnung lässt die Wasserlieferung auf sich warten, um fünf fragen wir noch einmal nach, wobei sich herausstellt, dass die Flasche falsch geliefert worden ist. Die nächste Lieferung wird für halb sechs angekündigt. Thomas und ich wollen um halb sieben gerade runtergehen um erneut nachzufragen, als sie endlich eintrifft.
Anschließend ein kurzer Einkauf beim Carrefour. Hier bekommt man fast alles, Details zum Thema Einkaufen unter Specials. Das anschließende Essen findet nur zu zweit statt, da Andreas nicht erreichbar ist. Mein erstes chinesisches Essen ist ganz gut, sogar mit den Stäbchen kann ich mich anfreunden. Das Überleben ist noch nicht gesichert, scheint aber möglich zu sein...

Samstag, der 26.11.2005
Aufgrund der Zeitumstellung kann ich mich erst mittags aus dem Bett schälen. Im Winter ist China sieben Stunden voraus, meine innere Uhr steht also noch auf mitten in der Nacht. Nach dem Frühstück bummele ich mit Thomas über den Fake-Market. Im Anschluss geht es in unsere Stammkneipe, welche sich durch ein recht ordentliches Biersortiment, englisch sprechende Bedienungen und einen Kicker auszeichnet. Gegen die Mädels zu gewinnen ist auch eine echte Herausforderung, wie ich bald feststellen muss…

Sonntag, der 27.11.2005
Da ich verschlafen habe, sind die anderen schon zum Brunchen aufgebrochen. Also mache ich mich alleine auf den Weg in die City. Zuerst mit der Metro zum People’s Square. Die Metro ist relativ voll, allerdings ist das Gedränge noch nicht ganz so schlimm, wie ich es mir aufgrund von Erzählungen ausgemalt hatte. Zu Fuß laufe ich zum Bund, dem „Park“ am Ufer des Huangpu mit Blick auf das Geschäftsviertel Pudong. Auf dem Rückweg durch die Fußgängerzone werde ich von diversen chinesischen „Studentinnen“ angequatscht, die mich wahlweise in ihre Galerie schleifen, ihre Englischkenntnisse mit mir vertiefen oder aber etwas mit mir trinken wollen. Zufällig habe ich gerade gestern gelesen, was man davon halten soll, im Endeffekt wird man in einen Laden geschleift, wo die Mädels in Windeseile ein paar Getränke zu völlig überhöhten Preisen bestellen.
Abends gibt es eine kleine DVD-Session. Die geplante Pizza fällt allerdings aus, da die anderen alleine bei meiner Erwähnung des Themas gequält schauen. Das Brunchen schien gut gewesen zu sein.

Montag, der 28.11.2005
Die Einträge unter der Woche werden kurz ausfallen. Viel Zeit bleibt nicht. Mein Wecker klingelt morgens um 6 Uhr (unverschämt früh!). Ein gemütliches Frühstück ist nicht drin, da der Bus um 6:40 losfährt. Nach einer dreiviertel Stunde Fahrt sind wir am Werk und die Arbeit kann beginnen. Wir sitzen zu acht im Büro, darunter mein deutscher Abteilungsleiter und ein Kollege aus Gifhorn, die restlichen sind Chinesen. Die Arbeitsplätze sehen nicht so aus, wie ich das in Arbeitswissenschaften mal gelernt habe (oder zumindest haben sollte, war nicht gerade mein Lieblingsfach…). Der Begriff ergonomischer Bildschirmarbeitsplatz wurde da aber anders definiert, soviel weiß ich noch. Und die lustigen Dinge, die mein Abteilungsleiter in ein paar Kaffeetassen züchtet, wären ein Fall für den Kampfmittelbeseitigungsdienst. Aber das kenne ich ja noch aus dem Studium. An dieser Stelle einen Gruß an alle DUESEN-Schorses! (Der Vorschlag, die Kaffeetassen unten in der Werkstatt ausdrehen zu lassen wurde übrigens abgelehnt, sie sind in den Müll gewandert; oder selber hineingesprungen?)
Mittags gehen wir in der Kantine essen. Es gibt für die Langnasen eine etwas gemäßigte Kantine, die Auswahl besteht meistens aus Reis mit Fleisch und Gemüse in brauner Sauce, Reis mit Fleisch und Gemüse in roter Sauce, oder Reis mit Fisch und Gemüse in heller Sauce. Was für Fleisch oder Gemüse drin ist, spielt kaum eine Rolle. Aber es gibt Muffins, von denen ich immer noch zwei abstaube, um den Nachmittag zu überstehen.
Um 18 Uhr fährt der Bus dann wieder zurück, wobei die Rückfahrt je nach Verkehrsdichte auch mal anderthalb Stunden dauern kann.

Mittwoch, der 30.11.2005
Heute Abend kam irgendjemand auf die Idee griechisch essen zu gehen. Ein Kollege riet uns noch ab, aber wir waren nicht davon abzubringen. War eigentlich auch essbar, allerdings nicht ganz das, was man sich in Deutschland von einem Griechen erwartet. Und Markus war der Meinung, dass die Schweinefiletstücke doch verdächtig klein waren. Entweder es war ein verdammt junges Schwein, oder…. Nein, ich denke nicht mal drüber nach...

 

 

 
   

   © 2006 by Matthias Goepfert •   webmaster@matthias-goepfert.de