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Mai 2006

Dienstag, der 02.05.2006
Nachdem fast alle Kollegen schon vorgelegt haben bin ich heute auch dran: Ich fahre zum Giant Dealer unseres Vertrauens und lege mir auch endlich ein Fahrrad zu. Bei den momentanen Temperaturen kann man damit recht gut die Stadt erkunden. Im Anschluss drehe ich mit einem Kollegen gleich eine Runde. Ab zum Bund, ein kleiner Abstecher zur Nanjing, wo wir uns 5 Minuten hinstellen, um die vorbeiziehenden Massen zu betrachten und uns im Gegenzug anstarren zu lassen. Zwei Langnasen mit glänzenden Hightechbikes sieht man nicht alle Tage. Es ist nur verwunderlich, dass so wenige Fotoapparate gezückt werden, wo wir schon wie Aliens angestarrt werden. Am Ende der Tour haben wir fast 50 km hinter uns und ich bin ob der ungewohnten Betätigung ziemlich erledigt und falle reichlich erschöpft ins Bett. Festzuhalten bleibt noch, dass man nach so einer Tour durch die Stadt einen ziemlichen Klumpen im Hals hat (jetzt weiß ich, warum die Chinesen immer so viel auf die Straße spucken) und auch eine Dusche gebrauchen kann, da man mit einer leichten Dreckschicht überzogen ist.

Mittwoch, der 03.05.2006
Eigentlich wollte ich heute meine Stadterkundung per Fahrrad fortsetzen, da mein Hintern sich von der ungewohnten Belastung noch nicht ganz erholt hat, ist daran nicht zu denken.
Abends ist mal wieder mästen beim Japaner angesagt, wir lassen einen Gang nach dem anderen auffahren, bis wir irgendwann kapitulieren und uns gerade noch die gebratene, mit Eis flambierte Banane gönnen.

Donnerstag, der 04.05.2006
Tagsüber erkunde ich mit meinem Drahtesel wieder Shanghai, nach dieser sportlichen Betätigung geht es abends zum nächsten großen Fressen. Diesmal gibt es in einem gehobenen Hotel italienisches Buffet, allerdings fühle ich mich vom vorigen Abend noch etwas gehandicapt so dass sich die Zahl der Buffetgänge noch im einstelligen Bereich bewegt. Beim anschliessenden Ziehen der Visitenkarten gehöre ich zu den glücklichen Gewinnern und erhalte eine Karte für das Robin Gibb Konzert. Zwei Gutscheinen zum Brunch hätten mir mehr zugesagt.

Samstag, der 06.05.2006
Nach dem Tanzkurs gehe ich mit meiner Tanzpartnerin noch ein Eis essen. Mein Fahrrad stelle ich dafür vor dem Häagen-Dazs Laden ab, in Ermangelung einer geeigneten Möglichkeit kann ich es jedoch nirgendwo anschließen, also ziehe ich das Schloß nur durch Rahmen und Hinterrad. Sollte kein großes Problem sein, da wir uns ein Eis auf die Hand holen und auf einer Bank nur wenige Meter entfernt sitzen. Irgendwann im Gespräch blicke ich auf - und das Fahrrad ist weg. Ich laufe die Passage auf und ab, in der Hoffnung, einen kleinen Chinesen, der sich mit einem viel zu großen Fahhrad abschleppt, zu erspähen - aber umsonst. Nach mehrmaligem auf und ab laufen kommt ein Wachmann auf mich zu und bedeutet mir, ihm zu folgen. Er führt mich zu einer Abstellkammer, wohin er mein Fahrrad geschleift hat. Schließlich stellt man nicht einfach so mitten in seiner Passage ein Fahrrad ab. Erleichtert schwinge ich mich auf mein Rad und strampel nach Hause.

Sonntag, der 07.05.2006
Nach dem heutigen Tanzkurs will ich wieder nach Hause radeln, aber das Fahrrad ist weg. Diesmal hilft auch das Nachfragen bei dem Wachpersonal nicht weiter. Meine russische Tanzpartnerin unterhält sich eifrig mit ihnenauf chinesisch, es werden alle Kollegen hinzugezogen, doch ohne Erfolg. Lediglich einige Bemerkungen, warum man so ein teures Fahrrad auf der Straße stehen lässt oder sich überhaupt ein so teures Exemplar zulegt. Auch die herbeigerufene Polizei kann nicht viel machen. Es ergibt zwar einen lustigen Menschenauflauf - eine Langnase und ein paar Uniformierte, da muss man ja mal genauer hinschauen - aber ansonsten werde ich nur beschieden, mit den Daten meines Fahhrads zum Revier zu kommen. Der Beamte schreibt mir die Adresse auf und dann darf ich mit dem Taxi nach Hause fahren.

Montag, der 08.05.2006
Nach einem tollen Arbeitstag (an dem ich nur bedingt produktiv bin, da zwischendurch mein Computer streikt und unser IT-Meister einige Zeit braucht, um ihn wieder flott zu machen) beschließe ich, mich auf den Weg zur Polizei zu machen. Ich glaube zwar nicht, dass das Sinn macht, zumal ich keine Rahmennummer oder ähnliches bei meinen Unterlagen gefunden habe.
Im Polizeirevier befinden sich zunächst vier (eher ältere) Beamte, die alle nicht ein Wort Englisch können. Sie rufen eine etwas jüngere Kollegin hinzu, mit der ich den Fall durchgehe. Nach der ersten Schilderung unterhält sie sich mindestens fünf Minuten angeregt mit einem der Kollegen. Ich habe das Gefühl, dass sie sich fragen, was die komische Langnase sich so ein teures Fahrrad kaufe, so doof sei, es sich einfach klauen zu lassen, und jetzt auch noch von ihnen Hilfe erwarte?! Im Anschluss nimmt die Beamtin alles in ein Buch auf, um es von dort in den Computer abzutippen. Währenddessen kann ich mich auf einem chinesischen Polizeirevier umschauen: Ein Kollege trinkt seinen Tee und spuckt im Anschluss auf den - immerhin gefliesten - Fußboden. Der andere sieht etwas derangiert aus, da er scheinbar seine Krawatte mitten im Mittagessen hängen hatte (übrigens ein nicht ganz seltenes Phänomen: Uniform muss schon sein, auch gerne mal im Restaurant, aber zu einer zweiten Garnitur scheint es nicht zu reichen und die eine muss dann halt eine Woche halten - so sieht es zumindest manchmal aus). Ein anderer unterhält sich lautstark mit einer Gruppe Chinesen, wobei ich den Gedanken habe, dass ein deutscher Polizist nicht lange in dem Ton mit sich reden ließe. Allerdings ist auch das bei Chinesen untereinander nicht unbedingt ungewöhnlich, dass man im Verlaufe eines Gesprächs im lauter wird und sich irgendwann fast anschreit. Das kommt bei der Arbeit auch manchmal vor, ohne dass man das Gefühl hätte, dass dort Emotionen wie Wut oder Ärger im Spiel wären. Zum Schluss bekomme ich einen schicken Ausdruck und die Beamtin gibt mir noch mit auf den Weg, das nächste mal besser aufzupassen.
Der Heimweg führt beim Giant Dealer vorbei, mal schauen ob ich die fünf Tage des ersten Rades toppen kann...

Montag, der 15.05.2006
Heute ist der Tag des Robin-Gibb-(von-den-Bee-Gees)-Konzertes (so steht es auf dem Ticket). Ich erwarte eigentlich gar nichts von dem Abend, weil ich nicht weiß, was mich erwartet. Robin Gibb sagt mir ziemlich gar nichts, und die Bee Gees, nun ja, viel kann ich damit aus dem Stand ehrlich gesagt nicht verbinden. Aber einem geschenkten Gaul...
Als ich mich dem ganzen nähere, beginnt es wie jedes Konzert, mit lauter Schwarzhändlern. Später stelle ich fest, daß sie vermutlich einen schlechten Schnitt gemacht haben, da das Halbrund bestenfalls zu einem Drittel gefüllt ist. Auf den Tribünen sind nur Sitzplätze und auch der Innenraum ist mit Stuhlreihen gefüllt, da kommt Stimmung auf! Um acht soll das ganze anfangen, fünf Minuten vorher ertönt über Lautsprecher ein fieser Schulgong, um daran zu erinnern. Um acht nochmal der Gong. Kurz darauf bezieht das Orchester die Plätze und um viertel nach acht legt Robin Gibb los. Alles sitzt brav auf den Stühlen und schaut mehr oder weniger interessiert zu. Nur sehr vereinzelt steht eine Langnase vor dem Stuhl. Bei "Night Fever" laufen 10 Langnasen in Richtung Bühne und fangen an, davor abzutanzen. Beim nächsten Lied legt ein Paar direkt vor der Bühne einen Diskofox hin - auch nicht schlecht. Einige Balladen später kommen die Stimmungslieder und schon beginnt der Innenraum aufzustehen und sich vor die Bühne zu drängen. Die letzte halbe Stunde ist echt nett, da ist endlich der Funke übergesprungen, es hält kaum noch wen auf dem Stuhl. Aber um 21:45 Uhr ist nach einem zweiten Mal "Staying Alive" als Zugabe Ende. Für die 60 Euronen, welche als Preis auf mein Ticket gedruckt waren, hätte ich es nicht sehen wollen, aber so war es ein unterhaltsamer Abend.

Samstag, der 20.05.2006
Heute ist mal wieder eine Radtour durch Shanghai angesagt. Bei der Gelegenheit fahre ich zur Lupu Brücke, der längsten Bogenbrücke der Welt und der zweiten nach der Sidney Harbour Bridge, bei der man den Bogen erklimmen kann. Das ganze ist mal wieder typisch chinesisch: Nach dem Kartenkauf kommt man zu einem netten Uniformierten, der einem das eine Ende der Eintrittskarte abreißt. Der nächste Uniformierte weist einem den Weg zum Eingang, wo einem ein weiterer Uniformierter auch das andere Ende der Eintrittskarte abreißt. Zuerst muss ich meine Wasserflasche abgeben (die könnte ja als Wurfgeschoss missbraucht werden), dann führt mich eine Chinesin zum Fahrstuhl und fährt mit mir auf das Fahrbahnniveau hoch. Nachdem sie in Erfahrung gebracht hat, dass ich aus Germany komme, kichert sie mit der Fahrstuhlführerin und erzählt ihr irgendwas von Mikael Schumaker - den kennt man auch hier. Oben angekommen reicht sie mich an 3 Chinesinnen weiter, welche mich dann kichernd verfolgen (hihihihi), als ich die angekündigte einstündige Tour zum höchsten Punkt der Brücke antrete. Die ersten Meter folgen die Chinesinnen mir in etwas Abstand, bevor die erste versucht, mir etwas über die Umgebung zu erklären. Leider kann ich ihr Englisch nicht verstehen, was wohl an meinen mangelnden Englischkenntnissen liegen muss, da sie mich fragt, ob ich Englisch spräche. Auf meine bejahende Antwort versucht sich die nächste und in gut verständlichem Englisch klärt sie mich über den Hafen, das bald hier entstehende Expogelände und ein altes, rumdümpelndes U-Boot auf. Als ich den Aufstieg beginne, verlieren die drei Mädels die Lust und nach einigen Stufen frage auch ich mich, warum man das bei dem warmen Wetter freiwillig macht. Auf halber Höhe wieder ein Uniformierter, der darüber wacht, dass ich nichts anstelle. Oben angekommen (immerhin 100 m über dem Wasserspiegel) wartet zur Abwechslung - ein Uniformierter. Ein weiterer Chinese stürzt sich auf mich und will mir etwas über die Umgebung erklären. Sein Englisch lässt doch etwas zu wünschen übrig und schon bei meiner ersten Frage räumt er ein, dass er nicht so gut Englisch kann und verzieht sich in die andere Ecke. Auf dem Rückweg komme ich wieder an meinen kichernden Chinesinnen vorbei. Während der ganzen Zeit habe ich einen anderen Besucher gesehen, wovon die grob geschätzt 476 Mitarbeiter, Führer, Uniformierte und kichernden Mädels da leben entzieht sich meiner Kenntnis, aber das ist eines der typischen Phänomene Chinas.

Montag, der 22.05.2006
Gerüchten zufolge soll der Pool in Mandarin City geöffnet sein, allerdings vorerst abends nur bis 19:00 Uhr, so dass wir nicht allzu viel davon haben - auch wenn das schöne Wetter dazu einlädt...

Samstag, der 27.05.2006
Der große Tag: Eine komplette IAV-Mannschaft bricht auf zum Expat-Drachenbootrennen an einem See ein paar Kilometer westlich von Shanghai. Ursprünglich war uns von SVW Seite angeboten worden, ein paar freie Plätze in deren Boot aufzufüllen. Allerdings haben wir es vorgezogen, ein eigenes Boot zu stellen. Eine weise Entscheidung, da SVW am Ende lediglich einen Mann aufbieten kann, der in irgendein Boot mit reingesteckt wird. Unsere Mannschaft besteht aus 18 starken Paddlern und dem Drachen, äh der Kollegin, die vorne im Boot sitzt und uns durch ihr rhytmisches Trommeln zu Höchstleistungen antreiben soll, unterstützt werden wir von einer Handvoll Schlabus, die überwiegend aus den bessern Hälften der Teilnehmer rekrutiert wurden.
Der Steuermann wird von den Veranstaltern gestellt: Ein langer Chinese, mit dem wir noch viel Spaß haben, aber der Reihe nach. Laut vorab verschicktem Plan soll es morgens ein halbstündiges Training und nach dem Lunch das eigentliche Rennen geben. Gleich nach dem Ablegen drehen wir uns unkontrolliert im Kreis und steuern fast auf eine Mauer neben dem Anleger zu - ob das nun unser Unvermögen war oder ein Sabotageakt des Steuermann war, bleibt dahingestellt. Allerdings fällt er bald darauf wieder negativ auf, da er auf der Rennbahn immer recht unkontrolliert wieder umdreht. Aber ist ja nur Training.
Unsere beiden erfahrenen Paddler können nicht genug bekommen und irgendwann riecht es schon nach Meuterei, bis sie ein Einsehen haben und sich der Meinung anschließen, genug trainiert zu haben. Daher wollen wir uns am Anleger mit einem Bier stärken, aber unser Steuermann dreht uns immer in die falsche Richtung, was unsere Meutereigedanken auf jemand anderen umschwenken lässt. Wir erwägen kurz, ihn über Bord zu werfen (uns wurde übrigens verboten zu schwimmen - wer also über Bord geht, muss hoffen, schnell genug gerettet zu werden), verwerfen den Gedanken jedoch, da dieses einer sicheren Hafeneinfahrt nicht förderlich wäre. Also ersinnen wir einen anderen Plan: Je nachdem in welche Richtung er uns dreht, paddeln wir vorwärts oder rückwärts. Das findet er gar nicht lustig, aber immerhin beugt er sich.
Kurz vor dem Hafen kommt ein Chinese im Motorboot zu uns und eröffnet uns, dass in 5 Minuten unser Rennen starten würde - allerdings am anderen Ende der Bahn, gute 1000 Meter entfernt. Unsere etwas verständnislosen Fragen kann er nicht beantworten, da sein Englisch sehr begrenzt ist (kann man ja auch nicht erwarten, dass da wer Englisch spricht, wenn die extra eine Veranstaltung für Expats machen!!!). Also vergessen wir sämtliche Meutereigedanken und paddeln in Richtung Start. 50 Meter vor der Startlinie dreht unser Steuermann wieder bei (was hat der Kerl für Drogen genommen?!), so dass wir abermals rückwärts paddeln müssen. Allerdings etwas zu weit und während wir noch versuchen, mit den anderen Booten auf gleiche Höhe zu kommen, geht es auf einmal los. Wir geben alles, bleiben ein paar hundert Meter mit zwei Booten auf gleicher Höhe, um dann souverän davonzuziehen. Leider ist nicht so ganz ersichtlich, wo denn nun das Ziel ist, so dass wir immer weiter paddeln, bis irgendwann unser Steuermann beidreht - das erste Mal am heutigen Tag, dass wir ihm dankbar dafür sind. Unser Rennen gewinnen wir mit mehreren Längen Abstand, nun heißt es abwarten, was für Zeiten die anderen Boote in den übrigen Rennen haben. Die Zeit bis zur Siegerehrung vertreiben wir uns mit Lunch, Bier und Sonnenbaden.
Am Ende stellt sich heraus, dass wir auch insgesamt die beste Zeit haben. Jeder bekommt einen schicken Pokal mit der Aufschrift "International Dragon Boat Race Champion 2006". Der Rest des Tages geht damit drauf, unseren "Weltmeistertitel" gebührend zu feiern. Die Organisation von chinesicher Seite war zwar sehr chaotisch, aber für uns war es dennoch ein sehr gelungener Tag!

Sonntag, der 28.05.2006
Ich habe nur leichten Muskelkater, dafür einen ordentlichen Sonnenbrand und Druckstellen am Oberschenkel und meinen scheinbar unzureichend gepolsterten Gesäßknochen. Aufgrund des Sonnenbrands auf den Schultern verzichte ich auf die Massage, die ich mir eigentlich gönnen wollte, und auch das Sonnenbad am Pool muss leider entfallen.
Am Abend geht es zu Papa's Bierstube, wo das 2-jährige Bestehen mit BBQ und Freibier gefeiert wird - die Gelegenheit, um unsere Weltmeisterfeier fortzusetzen....

Mittwoch, der 31.05.2006

 
   

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